Es wird einem eigentlich erst klar, wie langweilig die ewige Samstag - Abend - Stammdissen - Routine ist, wenn man an besagtem Abend eben mal etwas Anderes unternimmt und sich mal wieder auf die Show einer Lokalband begibt. Während man in seiner Stammdisse alle Fressen und alle Playlistentitel ohnehin schon auswendig kennt und sein Geld zu allem Überfluß einem überfressenen, nimmersatten Diskothekenbetreiber für seine überteuerten Drinks in den Hals wirft, spielen sich jedes Wochenende in der Heimatstadt Dutzende von Bands vor einer Handvoll Leuten den Arsch ab und sollten dafür mal etwas mehr Anerkennung erhalten. Sehen wir es doch mal realistisch: Man hat ständig Angst am Wochenende etwas zu verpassen und ist deswegen ständig in seiner Stammdisse unterwegs, obwohl man aus Erfahrung weiß, dass der heutige Abend ohnehin keine interessanten Bekanntschaften oder aufregenden Erlebnisse mit sich bringen wird.
Genug des Vorworts, ich wollte nur kurz verdeutlichen, weshalb der gestrige Abend so wunderbar schön und amüsant für mich war. Grund hierfür war die Record - Release - Party der Berliner SkaPunkband Radiotype im beschaulichen (und viel zu warmen) Schokoladen in Berlin - Mitte.
Üblicherweise hört man aus seinem Bekanntenkreis bei Shows von Lokalbands ja zumeist Antworten wie: Ach nee, da geh ich schon ins XY während bei Konzerten von Bands die von außerhalb der Stadtgrenze kommen zumeist die Hütte voll ist. Erfreulicherweise war es diesen Abend mal anders und so konnte man bereits beim pünktlichen Betreten des Schokoladen um 21 Uhr auf eine für Berlin unüblich große Besucheranzahl in einem viel zu kleinen Schokoladen treffen.
Als Opener eröffneten dann recht früh für Berliner Verhältnisse um 21.30 Uhr bereits Lightkultur die mit ihrem witzigen deutschen PopPunk bereits für gute Laune sorgten. Ich zumindest hatte diese Band wesentlich schlechter in Erinnerung. Schade nur, dass dies das vorletzte Konzert der Band war. Lightkultur spielten eine gute Stunde lang bis um ungefähr 22.30 Uhr, als auch bereits das Gerücht umging, die ersten Leute seien an der Tür abgewiesen worden, weil der Schokoladen bereits zu voll sei. Schade für die potentiellen Besucher und ebenfalls schade für die Band, denn eine größere Location hätte den Besuchern vermutlich ebenfalls mehr Bewegungsfreiheit gelassen. Diese war am besten vermutlich als "kuschlig" zu bezeichnen, zumindest sorgte es bereits während der Wartepause für ungewollten Körperkontakt mit Vertretern des eigenen und fremden Geschlechts. Um kurz vor 23 Uhr (wenn ich mich recht entsinne) war es dann soweit und die Berliner um Radiotype enterten die Bühne und sorgten mit ihrem Ska / Skate / Punk - Mix von erster Minute an für gute Laune. War während der Vorband noch die Anzahl der Tänzer im Publikum eher knapp ausgefallen, war bereits nach dem zweiten Radiotype - Song ein ordentlicher Moshpit im Gange. So kam es dann auch, dass nach ungefähr der Hälfte des Sets die ersten Stagedivingversuche unternommen wurden. Radiotype warteten im Übrigen mit erneut neuer Besetzung an der Trompete auf. Der Platz des erst kürzlich neu eingesetzten Bläser Krazimir wurde nun von der ehemaligen Bläserin von Reziproke übernommen. Zur Show selbst kann soweit nur noch gesagt sein, dass die Band mit, natürlich vollkommen unerwarteten, Zugaben ihre Set verlängerte und zum Schluß sogar einen bereits gespielten Song noch einmal spielen mussten. Es wurden ehemalige Bandmitglieder auf die Bühne geholt, welche vollkommen ungeübt ihre alten Songs spielen mussten, manchmal besser, manchmal schlechter in Form.
Auch nach gut einstündiger Performance verlief der Abend im Schokoladen, auch dank mehr als fairer Getränkepreise, äußerst angenehm und lässt einen schnell zu dem Fazit kommen, dass es viel schöner ist, am Wochenende die Shows von Berliner Lokalbands zu besuchen, als sich in seiner Stammdisko zu langweilen.
In diesem Sinne: Support your local scene! Musik von Radiotype kann man übrigens hier anhören.