28. – 29. Juli 2006 Grossefehn, Ostfriesland ca. 4000 Besucher Tickets: 28 Euro
Wie wohl die allermeisten Festivals Heujahr war auch das Omas Teich mit bestem Wetter gesegnet – trotzdem fanden weniger Leute als im letzten, extrem verregneten Jahr ins ländliche Ostfriesland, was natürlich an den größeren Namen lag. Der deswegen im Vergleich etwas zu hoch gegriffene Preis für das Festival bleibt neben einigen Kleinigkeiten im sanitären Bereich (keine Duschen!) aber der einzige Kritikpunkt eines durchweg sympathischen kleinen Musikfestivals. Nordlichter unter sich. Kein Fashion-Gehabe, kein Wettstreit der Eitelkeiten, kein sehen und gesehen werden wie auf so vielen anderen Festivals, dafür ein sehr niedriger Altersdurchschnitt und, scheinbar einhergehend damit, sehr sehr viel Alkohol. Ein freundliches, nett verplantes Team und die meiner Meinung nach grandiose Kulisse vor einem Battalion Windräder sorgen für die Rahmenbedingungen, die am Freitagabend mit Kate Mosh ein erstes musikalisches Highlight als Widerspiegelung auf die einzige Bühne stellen. Die Berliner sind gut drauf, unverbissen, spielfreudig und ziehen ein Set ohne große Überraschungen, dafür aber mit allen Hits und einer (wie bei allen eingeplanten) Zugabe auf. Noch besser sind die semi-Lokalhelden von den Trashmonkeys, die mal wieder zeigen wie Stein Und Roll gespielt werden muss. Hauptsächlich Songs vom Lage-Dor-Debüt The Maker zeigen wie der Norden rockt, mit Stil, Gitarre und Bier nämlich. Muff Potter hatten zwar ein leichtes Spiel vor den vielen jungen Punk-Kids, aber Nagel und Konsorten sind schon etwas in die Jahre gekommen und werden so sicher keine Fußnote in den Punk-Lexika hinterlassen können. Nun gut, den Fans hat’s gefallen. Unter einem Chor von blinkenden Stahlgigantischen Energieträgern ging es dann auch schon vor einer Kulisse auf den Campingplatz, die meiner Meinung nach so, lichttechnisch, noch beeindruckender ist als die auf dem Melt-Festival. Wo sich sonst Hase, Hund und Küstennebel guten Tag sagen heißt es gude Nach, Alter. Am heißen Vormittag wird erst mal im nächsten See geduscht, dann sorgen Napoleon für die Überraschung einer wirklich guten, unbekannten Band. Zwischen Indie-schem Emo und Noiseweirdo-tum überzeugen. Ja, auch Friesen können schwitzen. Das geht nirgendswo besser und sonnenstrahltechnisch passender als bei schönem Ska und hier in der Geschichte des selbigen nirgendwo besser als bei den Toasters. East Side Beat, eine spritzbegeisterte Feuerwehr und folgerichtig nasse Menschen tanzen für den Festivalfrieden und die Liebe. Oi, Kollege. Nich lang schnacken, Hüfte wackeln. Turbostaat hatten viele Freunde mitgebracht, wohl auch im letzten Jahr viele gemacht und waren auch dieses Jahr auf dem Festival mit dem coolsten Namen eine der Gewinnerbands. Ein sicheres Brett in Sachen Songs, die meisten vom Schwan-Album zeigen wie Deutsch und Punk unpeinlich miteinander Sex haben können. Auch Sometree begeistern wie eigentlich immer, auch wenn die tendenziell eher ruhige Musik unter den vielen jungen Menschen, man fühlt sich mit seinen Noch-Anfang-Zwanzig schon fast alt, für nicht so viel Wirbel sorgen kann wie andere das heute schaffen. Der gute alte Bernd Begemann zum Beispiel, der mit Band Befreiung im Gepäck so ist wie man ihn kennt: der Entertainer per Definitionem. Ich habe schon besseren Konzerten von ihm beiwohnen dürfen – Herr Begemann schien das Ganze unter seiner mittlerweile sehr professionellen Schale auch nicht sonderlich zu interessieren – aber er hat gute Argumente ihn gut zu finden. Die meisten davon sind allerdings Songs. Seine mittlerweile-Labelkollegen Pale sind wie immer am besten mit vier Buchstaben zu beschreiben: n-e-t-t. Ungewöhnlicherweise bekommen dann Gods of Blitz vor den eben genannten, gestandenen Acts einen Headliner-Posten zugesprochen – und rechtfertigen diese Entscheidung mit ihrem Auftritt voll und ganz. Das ist nicht mehr die Band, die vor gar nicht mal so langer Zeit als etwas blass wirkende Rockband den Anschein machte ihr ganzes Musikerleben nicht über die Position der netten Vorband hinauszuwachsen. Mit einem drückenden, sehr guten Sound im Rücken überzeugten die Berliner, auch wenn man bei ihnen den Eindruck der konstruierten, geplanten, berechnenden Band nicht loswerden möchte. Die Songs vom Debütalbum sind ja alles heimliche Hits, das weiß man wenn man sie kennt, aber hier klangen sie sogar noch viel besser als auf Platte. Mit so guten Soundingenieuren wie beim Omas Teich Festival könnten diese Menschen ganz bestimmt noch sehr erfolgreich werden... Im Gegensatz zu den Blitzgöttern, die einen verhältnismäßig sehr schnellen Erfolg verbuchen können hat es bei den Shout Out Louds wesentlich länger gedauert, bis sie mit ihrem Über-Grandiosen Album Howl Howl Gaff Gaff die Aufmerksamkeit bekommen haben die sie sich damit verdient haben. Nicht ganz so mitreißend wie erhofft, aber doch sehr schön waren die Männer und die Frau meine Favoriten für den Award in der Kategorie „Beste Band aus dem Omas Teich Festival 2006“, aber was soll man bei Songs wie The Comeback, Please Please Please oder 1000 Degrees auch anderes denken? Schwer wird es allerdings werden für die Schweden mit ihrem schon ziemlich lange auf sich warten lassenden nächsten Album an das erste anschließen zu können und die neu dargebotenen Songs wussten auch nicht so zu überzeugen wie die älteren, aber das kann bei einem Grower, wie man es so schön sagt, noch kein abschließenden Urteil sein. Ta Det Lugnt sagt der Schwede wenn er Take It Easy meint – das wäre auch ein treffendes Motto für eines der entspanntesten, freundlichsten Festivals Deutschland. Da geht was, bei uns an der Küste.
-------------- The artist formerly known as Ulrich.