Vier freche britische Rotzlöffel rechnen in gänzlich unpatriotischer Art und Weise mit ihrer Heimat ab. Für ein zweites „London Calling“ ist das zu harmlos und unpolitisch, aber schnodderig charmanten, unkomplizierten Spaß bereitet das Debüt der Holloways allemal.
“So This Is Great Britain?“ Was ist nur aus unserer Heimat geworden, fragen sich die Holloways aus – natürlich: Holloway, Nord-London - in bester Working Class-Manier. Doch die Revolution, die die vier British Lads auf ihrem Debüt ausrufen, ist rein persönlicher Natur.
Dabei erweisen sich die übermütigen Jungspunde als Fachmänner in Sachen Identifikationspotential stiftendem Sloganeering: Wer kennt sie nicht, die „Two Left Feet“, die irgendwann alles tun, nur nicht das, was ihr Besitzer eigentlich von ihnen erwartet? “Well I Can’t Really Dance / But Baby, Won't You Dance With Me?“ Und wer wurde nicht schon mal von den besten Kumpels ohne Möglichkeit des Nachhausewegs auf dem „Dancefloor“ allein gelassen? „Where Are My Friends / When I Need Them Now?“
Selbstironisch und humorvoll wie die Kaiser Chiefs sind sie, an anderer Stelle dann fast schon zu infantil, diese ewigen Gute Laune-Clowns. Dass sie nämlich auch ein ums andere Mal ganz schön einfältige Phrasen dreschen oder gleich komplett daneben langen - Disse gegen die Beckhams und das Alkoholwrack George Best sind wohl ebenso unnötig wie komplett sinnentleerte Blödeleien à la „Malcontented One“ - wen interessiert das schon? Unbekümmerter, jugendlicher Spaß bleibt bei den Holloways stets die oberste Devise.
Innovation und musikalischem Fortschrittsdenken wird dabei unmissverständlich eine klare Absage erteilt: “So Why Should I Re-Invent Myself? / When The World That I See / It Will Not Change For You And Me“ - die Holloways sind eine altmodische Gang, manche mögen sie ewiggestrig nennen: es würde sie nicht die Bohne interessieren.
Für die ein oder andere musikalische Überraschung reicht es aber auch so. Da wird im titelgebenden Opener etwa plötzlich ganz flott eine überraschende Irish-Folk-Tanzeinlage aus dem Hut gezaubert. Dafür verantwortlich zeichnen die beiden Frontmänner Alfie Jackson und Rob Skipper, greift ersterer doch ständig zur Fiedel, mutiert so zum teuflischen Geiger und wird dabei von seinem Sidekick mit der Mundharmonika begleitet. Das markante, stets unterhaltsame Zusammenspiel der beiden Frontmänner sorgt für die nötige Portion Wiedererkennungswert und verleiht vielen Stücken gerade in Kombination mit diversen Ska-Einlagen und der verhuscht wirkenden Produktion im Stile einer lässig dahingeschluderten Momentaufnahme einen schmissigen Pubrock-Anstrich. In der stilistischen Offenheit erinnert das an The Clash, in der harmonischen Mehrstimmigkeit an die Futureheads.
Leider gerät die zweite Albumhälfte schwächer, weil gewöhnlicher. Bis sich die Holloways mit dem zackigen Schlusspunkt “Fuck Ups“ wieder zusammenreißen, bremst eine minutenlange Durststrecke in Form von drei bis vier weniger aufregenden Songs die Euphorie zeitweilig aus. Für ein erfrischend anderes Dokument jugendlichen Frohmuts reicht es dennoch und wenn die Holloways wie in ihrer Durchhaltehymne “Generator“ allen notorisch missgelaunten Miesepetern herrlich naiv proklamieren: “May I Remind You / That You Don’t Live In Poverty? / You’ve Got Your Youth / And You’ve Got Food In Your Belly“ – kann man ihnen da ernsthaft böse sein?
Wertung:
-------------- this is a film that has no end fiction fights feelings absent as absurd as it sounds there´s more truth than you pretend