Schein23 - Morgens ist es am schlimmsten, da fängt der Tag erst an
Stil: Indie-Rock Release: 13.09.2004 Label: Stereotonic/Sony Spieldauer: 12 Titel; 43:03 Minuten Anspieltipps: heimspiel, was wir zu wissen glauben macht keinen sinn, man sagt sich nicht selbst hallo, willkommen
Wie es wohl klingt, wenn Tele mal schlecht drauf sind? Wie es wohl klingt, wenn Zynismus mal gefeiert anstatt verdammt und die Gitarre mal elektrisch verstärkt statt mit einem alten 2-Spur-Gerät abgenommen wird? Überall steckt die 23. Und die Frage ist: Nur sinnfreies herumspielen mit angeblichen Inhalten oder wahre Tiefe hinter Nummern, Texten, Ereignissen? Genau diese Frage stellt sich auch bei Schein 23 und ihrem Album "Morgens ist es am schlimmsten, da fängt der Tag erst an"... Deutscher Indierock etabliert sich mehr und mehr und besonders außerhalb der Hauptstädte tauchen immer wieder Bands auf, die qualitativ den schon großen das Wasser zu reichen vermögen. Schein23 haben schon Konzerte mit den genannten Tele und sogar mit den Sportfreunden bestritten. Sind durch Deutschland getourt und tun dies seit 2000 eigentlich dauernd. Alle Vorraussetzungen für einen großen Erfolg scheinen erfüllt und man möchte ihnen den Erfolg sogar gönnnen. Trotzdem fehlt mir manches bei Schein23. Der Opener "Heimspiel" ist eine wunderschöne Hymne, gezeichnet von Traurigkeit und auch von Pessimismus. Und gerade das ist es, was mich an Schein23 stört. Nein, von "stören" kann man eigentlich nicht sprechen. Aber durch die gesamte Platte zieht sich ein stetiger Pessimismus, manchmal sogar Zynismus, der schon bei dem Titel "Morgens ist es am schlimmsten, da fängt der Tag erst an" beginnt. Nicht schlimm. Manche Künstler schaffen es nicht nur ein Album, sondern ein gesamtes Lebenswerk auf diese Haltungen aufzubauen. Ich finde es bei Schein23 aber eigentlich schade. Da ist nämlich mehr Potential. Da fehlt mir die Sonne. Die geht nämlich morgens auch auf. Die Texte sind grundsätzlich nicht schlecht, manchmal gar nicht tiefgründig - müssen sie auch nicht. "Manchmal muss man gehen, um zurückzukommen" ist so simpel gesagt wie es klingt, sagt sich schnell und ist nicht besonders neu. Aber ist gut. Und im Fall von Schein23 eigentlich auch völlig passend. Der Pessimismus kann auch mal tröstend sein. (Trotzdem kann ich mir nicht verkneifen bei "sag mir" leise "In your head.../In your head.../Zombie zombie zombie" in der Strophe zu wimmern). Stimmlich hebt sich Sänger Daniel Schuch von den normalerweise in ihrer Lage nicht sehr flexiblen Indie-Sängern in Deutschland durchaus ab. Er versucht mehr, traut sich mehr, hebt, senkt und geht aus sich heraus. Das macht das Album besser. Viel besser. Man muss es nur mehrmals hören, denn beim ersten Mal gefiel es mir wesentlich schlechter. So gelingt es teilweise sogar Elemente zu entdecken, die so gar nicht Indie, sondern eher "Emo" anmuten. Ist ja auch Rock. Ist ja auch Indie. Ist ja auch irgendwie Emo. Ist ja auch irgendwie alles. Ist ja auch gut so.
Fazit: Manchmal darf die 23 gerne 23 bleiben. Und, wenn man den Pessimismus von Schein23 akzeptiert, wird "Morgen..." zu einem durchaus schönen Album. Ein Album, bei dem man in stillen Momenten auch mal alleine lachen (oder weinen) kann. Erst dachte ich: Schade. Ist aber gar nicht so. Das Album wächst und wächst. Ist auch besser so. Man sagt sich schließlich auch manchmal selbst hallo. Zum Beispiel, wenn man neue Seiten entdeckt. Das passiert gelegentlich. Aber gelegentlich ist eigentlich. Man nimmt schließlich doch einiges mit. Wo da der Sinn ist? Willkommen im Leben.
und es wächst von mal zu mal. Vielleicht ist auch noch mehr drin.
-------------- Some people never go crazy. What truly horrible lives they must lead.