Heerscharen von schwer bewaffneten Gnomen ziehen gebückt in die Schlacht gegen Männer in Rüstungen, im Hintergrund steigt Rauch aus einer Burg in den gelben Himmel. Die Rippen gucken durch die dünne Haut der nur mit Lederriemen bekleideten Kriegerwesen und große Doppeläxte mit einer 3 in der Mitte sind geschultert, um den mit Feuerpfeilen schießenden Gegnern entgegenzutreten. Ein kinnbärtiger Gnomenkrieger schaut verbissen im Vordergrund aus dem Bild heraus, seine Muskeln sind gespannt, sein Helmen gespickt mit Hörnern.
Und nun stellen sie sich die Musik von 3 Inches of Blood vor. 100 Punkte. "My first bedtime story was “Lord of the Rings”, which was read to me when I was three," erzählt Sänger Jamie Hopper. "So that influenced me a lot, and my lyrics. We just want to be a story-based, imaginative band that plays metal." Genau so klingen3 Inches of Blood. Beeinflusst von der British Wave of Metal in den 70ern. Von Phantasy und das, was man noch ohne bedenken "Heavy Metal" nennen konnte. Warum so ein Album auf Roadrunner erscheint wundert mich zwar, aber zumindest der Maxime "hart und laut" werden die Kanadier sehr gerecht. Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass mein erster Gedanke, als ich das Album nahm und in den CD-Player legte, war: "Ihr wollt mich verarschen oder?" Denn die Stimme von Hopper ist nicht nun sehr... gewöhnungsbedürftig, sie entspricht auch so gar nicht dem, was man normalerweise bei Roadrunner erwarten würde. Wenn Rob Halford oder Bruce Dickinson gemein sein wollen, Trolle immitieren oder King Diamond eine Hexe sang, dann klangen/klingen sie wie Jamie Hopper. Oder Hopper wie sie. Der Gnom auf dem Cover. Genauso hört sich die Stimme bei 3 Inches of Blood an. Erst dachte ich: das kann ich doch niemals eine ganze Platte lang ernst nehmen (und versteht mich nicht falsch ich finde Iron Maiden sehr sehr gut), aber zuerst erschienen mir 3 Inches of Blood zu gekreischt, zu gekünstelt. Doch dann erkannte ich: Was hier an musikalischer Arbeit geleistet wird ist wirklich beeindruckend. Schön akzentuierte Riffs und superschnelle Soli, wie man es beim Heavy Metal nicht anders erwarten würde. Hier merkt man, welche Vorbilder der Metalcore bei Terzdoppelungen und manchen Riffs hat. Als Produzent wurde dann auch Neil Kernon (u.a. Judas Priest and Queensryche) verpflichtet und Colin Richardson als Engineer, der durch die Arbeit für Machine Head, Cannibal Corpse und Napalm Death noch härtere Einflüsse einbrachte. Die Band begleitete in England schon The Darkness als Support und konnte dort viele neue Fans gewinnen. In England scheint die Welt in Sachen guter alter Rock noch vollkommen in Ordnung. Trotzdem: Das Manko bleibt: Die Stimme. Sie muss zu dieser Musik manchmal sein, sonst passt es nicht wirklich. Aber meiner Meinung nach muss sie nicht die ganze Zeit dieses kehlige hohe Singen durchhalten. Dafür aber perfekte Riffs und eine Produktion wie sie für diese Art Musik nicht geeigneter sein könnte. Ich fänd ein bisschen mehr melodische Parts wie in Deadly Sinners oder Crazy Nights noch besser. Aber eigentlich muss man sonst zu 3 Inches of Blood gar nicht mehr so viel sagen. Es reicht wirklich das Cover anzuschauen und sich Titelnahmen wie "Destroy the Orcs" oder "Lord of the Storm" durchzulesen, um zu wissen, wie das hier klingt. Aber! Es macht wirklich mal wieder Spaß eine mit ebenso viel Spaß produzierte Platte zu hören. 3 Inches of Blood! Viel besser, wenn man sie ein zweites Mal hört und der Stimme eine Chance gibt.
Fazit: Wenn Fans des klassichen Heavy Metals hier nicht auf ihre Kosten kommen - wo dann? 3 Inches of Blood sind sicher bald zusammen mit Iron Maiden oder einer anderen verwandten Band hier in Deutschland auf einer größeren Tour. Für Lederjacken(und -hosen)träger und mähnenschüttelnde Pommesgabelverehrer, für die sind 3 Inches of Blood aber sowas von genau das Richtige. Für Metalcore-Hörer oder Fans der Musik, die es sonst eher bei Roadrunner gibt ist das aber vermutlich eher amüsant.
-------------- Some people never go crazy. What truly horrible lives they must lead.