Das berühmte zweite Album gilt in der Musikwelt als entscheidend für den weiteren Verlauf einer Karriere, weil es die Richtung für die Zukunft weist. Wenn es danach geht, hätte man Stephen Malkmus fast schon abschreiben können. Denn nach den wunderbaren Pop-Melodien des hervorragenden selbstbetitelten Solo-Debüts des ehemaligen Vorstehers der Indie-Legende Pavement gelang unter Mithilfe seiner Backingband The Jicks der zweite Ausflug bei weitem nicht mehr so überzeugend. Zuviel Muckertum, ausufernde Songs ohne klares Ziel, Langatmigkeit - in seiner Progrock-Ausführung enttäuschte der gute Steve. Nun legt uns die personifizierte jugendliche Naivität sein drittes Solo-Werk vor, Face The Truth heißt die Scheibe. Und: Die Jicks sind wieder aus dem Bandnamen verschwunden, vorbei ist´s somit auch wieder mit den ellenlangen, psychedelischen Gitarreneinlagen - ist das als Eingeständnis des letzten Fehlversuchs zu interpretieren, hat sich Herr Malkmus den neuen Albumtitel zu Herzen genommen? Wie auch immer, nun steht wieder allein der Song im Vordergrund, und der ist in elffacher Ausfführung auf Face The Truth gelungen. Maximaler Ertrag durch minimalen Aufwand. Das fängt schon an mit dem völlig überdrehten, verrückten Drumcomputer-Einstieg beim quietschigen Opener Pencil Rot, der trotz seiner quietschigen Elektronik-Sprengsel eingänig daher kommt. Schuld daran ist natürlich Malkmus´ noch immer nicht eingerostetes, ganz eigenes Melodieverständnis, sein unnachahmlicher Nicht-Gesang, und nicht zuletzt das, was man im Fussballjargon unter "Spielfreude" versteht. Man merkt Face The Truth an, dass sein Macher bei den Aufnahmen Spaß gehabt haben muss. Und Spaß macht die Platte auch dem Hörer weiterhin: Ob Malkmus nun wie beim kranken Kindling For The Master mit Pseudo-Disco-Beats spielt, mit Mama feinsten Sixties-Pop-Harmonien auf die Spur geht, bei Freezee The Saints den alten Folk-Howdy gibt oder wie beim Lebenslust versprühenden Baby C´mon die Rock´n´Roll-Keule schwingt und man ihn schon mit dem ausgestreckten Zeigefinger in deine Richtung deuten sieht - die Mischung stimmt, Malkmus kriegt anno 2005 immer die Kurve zwischen Experimentierwut und eingängigen Melodien. Selbst der einmalige Ausflug in Psychedelica-Gefilde gelingt dem Hobby-Progrocker beim Epos No More Shoes nun mehr als manierlich. Und mit Post-Paint Baby ist sogar ein Song im neuen Repertoire, der auch locker von Pavement aus ihrer Wowee Zowee-Phase stammen könnte und alte Pavement-Fans zum Weinen bringen wird. Vor Glück wohlgemerkt.
Fazit: Face The Truth wartet mit einem ganzen Blumenstrauß an zauberhaften Melodien auf, praktiziert leichtfüßiges Genre-Crossover und steckt mit der gefühlten enormen Spielfreude seines Erzeugers den Hörer an. Was lernen wir also daraus? Gute Laune ist auch ohne platten Party-Pop erzeugbar, Pig Lib ist vergessen, Malkmus ist zurück und man muß wieder mit ihm rechnen, dem ollen Steve, diesem großen Kind mit dem Musik-Baukasten.
Wertung:
-------------- this is a film that has no end fiction fights feelings absent as absurd as it sounds there´s more truth than you pretend