Klappe die dritte. Kaada führt diesmal Regie im schwierigen Kopfkino. Licht aus, Kamera läuft, Ruhe bitte. Nach seinem glorreichen funkigen Debütalbum folgte mit seiner Mike Patton-Kollaboration erst einmal ein Stück weit Ernüchterung was die musikdichtenden Fähigkeiten von John Eric Kaada angeht. Ganz so überraschend ist er deswegen auch nicht, der Wechsel von verrücktem, bunten TripHop zu wahnsinniger, schwarzweißer Cineastenmusik. Schon früher hat Herr Kaada die Soundtracks für so manchen Film komponiert, jetzt stellt er mit Music For Moviebikers jenen Soundtrack ohne Vorlage her. Ein gewagtes und ambitioniertes Projekt, dass sehr schnell in die Hose gehen kann wenn man es halbherzig und synthetisch versucht. Das macht der langjährige Produzent aber eben nicht, sondern lädt mal eben ein 22köpfiges Orchester ein, um seine Soundideen Live eingespielt auf Platte zu bannen. Und dann geht sie los, die atmosphärisch dichte Reise ins düstere Kopfkino. Glockenspiele und zwielichtige, bedächtig angeschlagene Piani treffen hier auf zitternde, nur angedeutete Streicher und die Leere eines Albums, dass zumeist zwischen den Zeilen stattfindet. Ein schwarzweißer russischer kalter Märchenfilm ist hier zu sehen. In den schneebdeckten unendlichen Weiten einer Eiswüste wärmt eine kleine Gestalt sich an dem Feuer der Liebe, weil es sonst nichts anderes gibt an dem man sich erwärmen könnte. In verzerrten, traumhaft verschwommenen Rückblicken wird eine seltsame Poe-hafte Geschichte aufgerollt, von Verfall und Hochmut, von zuviel Wein auf zuwenig Körper und von der Romantik des Todes im unendlichen Eis. Und das ist nur einer meiner Filme unter den Vielen die von dem Norweger gemalt werden. Man stelle sich vor Ennio Morricone und Neil Young hätten mit Yann Tiersen, Bohren’s Goreclub und Sigur Ròs zusammen Musik gemacht und gemeinsam bei Grieg und Mahler Musikunterricht gehabt. Manchmal düstern skandinavisch, dann romantisch französisch, dann freiheitlich vereinsamt wie einst der weite wilde Westen, mit dem kaum zu überhörenden Anleihen aus der gefürchteten E-Musik. In den besten Momenten ist Music For Moviebikers ein wunderschönes anspruchvolles Stück Musik, dass sehr viel mehr mit einem Film-Score zu tun hat als mit tanzbarer Populärmusik. Großer Anspruch aber kommt freilich mit der Gefahr der Langeweile daher und dieser kann Kaada auch nicht immer entgehen. Weite ist hin und wieder eben auch leer und bedarf eines gründlichen Blickes um das Leben zu entdecken. Für den wirklich konzentrierten Hörer ist Music For Moviebikers so ein wunderschönes, anregendes Meistwerk, dass nur auf eine Verfilmung wartet. Von Burton, von Trier oder Kieslowski. Oder eben noch besser subliminal, von dir.
-------------- The artist formerly known as Ulrich.
TRACKLIST 01. Smiger 02. Mainstreaming 03. From Here On It Got Rough 04. Spindle 05. The Mosquito And The Abandoned Old Womand 06. Julia Pastrana 07. No Man’s Land 08. Daily Living 09. The Small Stuff 10. Celibate 11. Retirement Community 12. Birds Of Prey 13. In Hora Mortis
-------------- The artist formerly known as Ulrich.