Man sollte wirklich nicht aufgrund von Äußerlichkeiten urteilen. Spirit Web machen das mit ihrem Debütalbum wieder einmal sehr deutlich, denn obwohl das Cover lächerlich hässlich ist und obendrein auf eine Progressive Metal-Scheibe schließen ließe, ist die Musik selbst eher von der schönen und nur leicht gehirnverdrehenden Sorte. Denn trotz des Power Metal-Gerüsts, dessen Spirit Web sich bedienen, sind die Songs doch zu vielschichtig und alles in allem zu wenig eingängig, um als glatter Power Metal durchzugehen. Die Spielzeiten bewegen sich um die 6-Minuten-Marke herum und darüber hinaus, prall gefüllt mit Tempowechseln, rhythmischen Variationen, komplexen Bass-Lines und dergleichen. Kompositorisch schwache, lang ausgedehnte Solo-Spielereien zur Egobefriedigung der Musiker sucht man jedoch vergebens, ebenso wie allzu exotische Einflüsse in der Musik. Bei allem Anspruch vergessen Spirit Web nämlich nie, was sie sind: Eine Metal-Band. Ohne abgelatschte Klischees zu strapazieren wird hier, vor allem durch das Riffing und einige doch etwas mehr ins Ohr gehende Lieder wie "Cut You Loose" und "Never Time", eine Atmosphäre geschaffen, die explizit aufs Metal-Image bedachte Bands wohl nie erreichen werden. Einen gewissen B-Movie-Charme hat das Ganze, zugegeben, ganz besonders bei "Osiris by the Judge", aber gerade diese Kauzigkeit macht vor allem amerikanische Bands immer wieder attraktiv (und mit "amerikanischen Bands" sind nicht Linkin Park oder Creed gemeint...). Der größte Vorteil, nämlich die "metallische Progressivität", ist allerdings auch gleichzeitig der größte Nachteil. Riff nach Riff und Tempowechsel nach Tempowechsel wird dem Hörer um die Ohren gehauen, ohne ihm eine Verschnaufpause in Form eines "einfachen" Lieds zu geben. Es gibt hier keine Ballade, keine simple Hymne; nur 80 Minuten zwar interessanter, aber mit der Zeit auch wirklich anstrengender Musik. Weniger wäre auf jeden Fall mehr gewesen. Davon abgesehen bleibt nur noch der Wunsch nach etwas mehr Abwechslung zu äußern. Vor allem wenn das Gehör schon ermüdet ist, drohen die Lieder zu einem grauen Brei zu verschmelzen. Mit dem Talent der Band sollte es ein leichtes sein, dieses Problem in Zukunft zu umgehen.
Fazit: Vielversprechendes Debüt, jedoch noch zu unfokussiert. Wertung: