Eine Kritik zu einem Album zu schreiben von dessen schaffenden Künstlern man jemanden nicht nur kennt, sondern ihn sogar in der Redaktion des Mediums sitzen hat wo die Kritik erscheinen soll ist im besten Fall kompliziert. Da muss man sich dann entweder anhören, dass die Meinung zu Gut ausgefallen sei, weil man der Band ja allein dadurch wohlwollend entgegensteht oder dass sie zu Schlecht ausgefallen ist weil man dem entgegenwirken wollte. Ein Dilemma. Eine Lose-Lose-Situation. Man könnte dem Ausweichen indem man nichts darüber schreibt – das wäre doch aber auch dumm, wenn man überall was darüber erfahren würde außer dort, wo es am verständlichsten wäre. Ich halte mich also einfach mit wertenden Worten zurück und sag stattdessen endlich worum es geht. Ampl:tude sind mit ihrem zweiten Album Auf Hören auf ihrem Label Sinnbus zurück. Was sie machen lässt sich schwer mit Worten beschreiben, weil es, völlig wertfrei, nicht wirklich ist wie etwas was es schon gibt. Man könnte sagen, dass sie sozusagen das Gegenteil von Pure Rock sind. Sie sind Mixed Elektro? Oder so. Elektronisch ist die Musik von Ampl:tude schon – etwas anderes zu behaupten wäre schlicht falsch. Aber wenn man sonst im allgemeinen dieses Adjektiv hört denkt man an kalte Synthesizer, Tracks und tanzende Menschen in flackernden Discos. Davon ist hier nichts zu hören: analoge Elektronik überwiegt. Dazu kann man weder tanzen noch singen. Letzteres natürlich weil es keinen Gesang und (fast) keine Texte gibt. Wenn man Ampl:tude eine liebenswürdig verrückte Instrumental Elektro-Band mit Gitarren Sozialisation nennt kommt man der Wahrheit wahrscheinlich schon nahe. In der Presseinfo wird lange aufgezählt, für wen diese Musik nichts ist – für wen sie ist wird dagegen gar nicht erst erwähnt. Das hat einen guten Grund, den ein vorgefertigtes Zielpublikum wird es für dieses Album nicht geben. Mal wurde man vom Soundtrack zu alten Videospielen inspiriert wie bei Level 8, wo es der Name schon vermuten und den Hören an die alten Konami-zeiten denken lässt, mal von Breakbeat und den melodisch-melancholischen Warp-Acts, dann (oft) von Postrock und den Sinnbus-Kollegen und folgerichtig ist das Lied Einen ewigen Moment beschreiben auch mit Seidenmatt entstanden. Schön ist auch, dass die Songs tatsächlich immer einen Bezug zu ihren Titeln zu haben scheinen (was bei instrumentaler Elektro-Musik ja eher selten der Fall ist) – so ist der einzig schnelle und wirklich tanzbare Song einer der auf den Namen Dance To The Kürzung hört. Wenn man Ampl:tude’s-Sound kennt und dann Liednamen wie Kwirli liest weiß man sofort, dass man einen auf nette Weise verrückten und sehr kindlichen Lofi-Elektro-Track hören wird. Mal grunzt ein Hase wie aus dem Kasperle Theater Greif Zu Hase, mal heißt ein Lied Square Durch Kandinavien und man bekommt etwas, dass sich wie eine Astrid Lindgren-Serie auf netten psychoaktiven Drogen anhört. Oft hat mich das Album auch an den Hintergrund von The Postal Service erinnert – bei In Mein Herz Fiel Dein Bild etwa. Das Album endet dann ziemlich postrockig mit der erwähnten Seidenmatt-Kollaboration, dem Titeltrack und dem grandiosen 9-minüter # Berg. Zeichen und Natur, Zahlen und Saiten, Herz und Heute. Die Gegensätze sind keine bei Ampl:tude. Das wird vielleicht keine vorgefertigten Hörer finden, aber wenn es findet dann: Freunde. Musik zum Liebhaben. Wie? Das war euch jetzt zu wohlwollend und zu lobend? Dann war es ja wie erwartet. Letzten Endes kann man Menschen die uns über ihre Website „We Love U!“ mitteilen und das auch genauso meinen ja nur mögen. Wenn ich jedenfalls werten dürfte, was ich ja nicht darf, dann würde ich wohl etwas formulieren wie „Hört euch das Album an und lasst euch darauf ein und ihr könnt nichts verlieren. Eine Win-Win-Situation“
-------------- The artist formerly known as Ulrich.