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+---Thema: Tool - 10,000 Days Eröffnet von Patrick


Beitrag von: Patrick an 23. 05 2006, 17:12

TOOL - 10,000 DAYS

Stil: Neo-Prog
Label: < Volcano / Zomba > / < Sony BMG >
Spieldauer: 11 Tracks, 75.45 min.
Release: 28. April 2006

< Offizielle Bandhomepage >

Die Querdenker sind zurück. Das neue Tool-Album überrascht, weil es nicht überrascht.

Alle fünf Jahre ist es wieder soweit: Ein neues Tool-Album wird angekündigt, die riesige Fanbase flippt kollektiv aus, allerhand Gerüchte und falsche Tracklisten kursieren im World Wide Web und irgendwann steht der Longplayer dann auch tatsächlich im Laden. So war es vor 5 Jahren bei "Lateralus", so ist es nun auch wieder bei "10,000 Days". Zu verdanken haben das Tool ihrer von der Fanbase stets glorifizierten Verweigerungshaltung (man könnte auch "Verachtung" sagen) gegenüber Presse, Mainstream, Medienbusiness und jeglicher Form der Konvention. Dass die Band gerade dadurch regelmäßig ins Scheinwerferlicht der Weltöffentlichkeit gerät, ist das absurde daran. Denn würden Tool sich nicht hinter dem Schleier des eigens erschaffenen Mysteriums verstecken, wäre der Hype wohl nicht annähernd so ausartend.

Schon rein optisch macht der neue Longplayer "10,000 Days" so einiges her und - wer hätte das gedacht? - unterscheidet sich schon allein in seiner Aufmachung von anderen Tonträgern. Ausgestattet mit einer Art 3D-Brille in Linsenform wird das abermals von Künstler Alex Grey gestaltete Artwork zum dreidimensionalen Erlebnis - typisch Tool.

Die vorab im Netz durchgesickerte und von Radiostationen gespielte Single  sorgte im Vorfeld der Album-VÖ für Aufsehen und beunruhigte allerdings den ein oder anderen Fan: "Vicarious" heißt der Track, der gleichzeitig Opener ist. So simpel (das bitte nur im toolschen Kontext verstehen!), eingängig und radiokompatibel wie in diesem Song konnte man Tool lange nicht hören, vielerortens wurde ausgehend von diesem ersten Höreindruck gar eine Verflachung der hyperkomplexen Songstrukturen befürchtet - ein Unding für diese Band. Sogar der Albumtitel "10,000 Days" wurde fortan kritisch beäugt: Wie jetzt, kein lateinischer Ausdruck, den man erst im Lexikon nachschlagen muss? Verschwörungstheoretiker rechneten gar mit einem eigens für die gierigen Internet-Sauger erstellten Fake-Album - Wahnsinn!

Nun, da das Ergebnis des jahrelangen kreativen Prozesses vorliegt, muss tatsächlich konstatiert werden: Die technoide, unterkühlte Atmosphäre von "Lateralus" und das damit einhergehende Konstrukt an kaum mehr durchschaubarer Komplexität ist passé, "10,000" Days ist das  zugänglichste Tool-Album seit "Undertow". Was nicht heißen soll, dass Tool jetzt schematische Popmusik verbrechen. Noch immer sind die Songs meist episch ausufernd, unkonventionell und mit zahlreichen Wendungen überraschend. Noch immer staunt man über fantastische Trips wie "Rosetta Stoned" oder den zweigeteilten, dem 27 Jahre (oder besser gesagt: 10,000 Tage) andauernden Leiden von Maynard James Keenans Mutter gewidmeten Titeltrack Bauklötze ob des unfassbar virtuosen Könnens der Protagonisten und den noch immer fern jeglicher Konventionen liegenden Songmonstern. Doch sind da auch Stücke wie "The Pot", "Jambi" oder eben "Vicarious", die Tool aggressiv, groovig, ungewohnt entschlackt und eben tatsächlich eingängig zeigen wie seit "Undertow" nicht mehr. Selbst die Texte sind weitaus weniger kryptisch als noch zuvor, wenn auch noch immer kaum fassbar.

So ist "10,000 Days" ein Album geworden, dass nicht alle Tool-Fans zufrieden stellen wird. Wieder musste man fünf Jahre auf die Neuerfindung des Rads warten, doch diesmal haben sich Tool unglaublicherweise wiederholt. Sie paaren den Esprit von "Undertow" mit dem Wagemut von "Aenima", ohne an letzterem Meilenstein auch nur zu kratzen. "10,000 Days" ist eine sehr gute, jedoch kaum überraschende Platte - und das ist für den Anspruch dieser außergewöhnlichen Band dann doch vielleicht ein bisschen weniger als erwartet. Ein faszinierendes und zeitweise atemberaubendes Werk ist es dennoch.

Wertung:


Beitrag von: Palablo an 24. 05 2006, 10:51

Die Scheibe werde ich mir auch bald kaufen müssen, trotzdem die Vinyl wahrscheinlich eh erst wieder in 2-3 Jahren völlig überteuert nachgereicht werden wird. Solang muss dann wohl das kleine Plastikscheibchen genügen.

Die sagenumwobene Single habe ich bislang übrigens auch noch nicht gehört.

Beitrag von: Patrick an 24. 05 2006, 12:40

Quote (Palablo @ 23. May 2006, 11:51)
Die Scheibe werde ich mir auch bald kaufen müssen, trotzdem die Vinyl wahrscheinlich eh erst wieder in 2-3 Jahren völlig überteuert nachgereicht werden wird. Solang muss dann wohl das kleine Plastikscheibchen genügen.

na klein ist die nicht gerade. kleiner als ne vinyl natürlich, aber ziemlich dick. schwierig, die ins cd-regal zu stellen, ohne dass die rausfällt...
Beitrag von: thommy an 24. 05 2006, 14:18

hab mir die scheibe aufer release party geholt und ich liebe sie =) freu mich auf düsseldorf
Beitrag von: nosferatu an 25. 05 2006, 23:21

aus meiner sicht hätte man die platte durchaus kritischer beleuchten können.
Beitrag von: Patrick an 26. 05 2006, 00:55

ich denke, im review kommt durchaus schon raus, dass "10,000 days" im tool-immanenten schaffen nicht die krönung ist. aber man muss ja auch mal relativieren: ist immer noch super.
Beitrag von: nosferatu an 26. 05 2006, 07:01

ja, durchaus! dagegen ist nichts einzuwenden...

wie ihr ja wisst gehen die meinungen unter den fans zu dieser platte sehr auseinander. verständlich aus meiner Sicht. Sei es schon das Artwork: soll es gewisse musikalische Ungereimtheiten "umspielen" bzw. soll etw. von der Musik ablenken? (Laut.de)

Achja:
Ich muss sagen dass das Gesamtkonstrukt an Songs erst nach mehrmaligen hören wirkt. Die Songs sind wirklich gut...  :;):

btw: wer ist alles in berlin dabei?



Beitrag von: Johannes an 28. 05 2006, 18:10

tool begann bei mir mit der ænima und hört auch damit wieder auf. ist vermutlich eine sache des kapierens oder nicht. und wie bei der lateralus ist es auch größtenteils bei der 10000 days jetzt bei. ich kapiers nicht, es fließt so durch und ich stell die platte schulterzuckend wieder weg.
Beitrag von: nosferatu an 29. 05 2006, 15:52

macht tool nicht progmetal?
haben doch einen grammy für schism, aenima  in der kategorie "progmetal" gewonnen...

grammy hin oder her: neo-prog ... ist nicht angebracht als stilbezeichnung.

Beitrag von: Jonas an 29. 05 2006, 17:07

na und? good charlotte waren sicher in der selben kategorie nominiert.
Beitrag von: Patrick an 29. 05 2006, 21:02

Quote (nosferatu @ 28. May 2006, 16:52)
macht tool nicht progmetal?
haben doch einen grammy für schism, aenima  in der kategorie "progmetal" gewonnen...

grammy hin oder her: neo-prog ... ist nicht angebracht als stilbezeichnung.

eben, scheiß auf schubladen. bei diesen award-shows sind dann ja auch bon jovi schon hardrock, haha.
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