Druckfertige Themaversion

-purerock.de forum
+--Forum: reviews
+---Thema: Delbo - Grande Finesse Eröffnet von Patrick


Beitrag von: Patrick an 10. 02 2008, 22:55

DELBO - GRANDE FINESSE

Stil: Post-Pop
Label: < Loob Musik > / < Universal >
Spieldauer: 9 Tracks, 43.16 min.
Release: 25. Januar 2008
Artikel bei purerock.de: < >> Review "Havarien" >
MP3: < >> Belvedere >

< Offizielle Bandhomepage >
< Delbo bei Myspace >

Alles beim Alten oder zurück auf Start? Delbo, diese kryptischen Käuze, vertonen ihre intellektuell geschärfte Poesie noch immer mit mathematischer Präzision in Moll-Akkorden. Aber irgendetwas ist anders, auf ihrem vierten Album...

Manche Dinge ändern sich nicht. Wer Delbo verstehen will, sollte noch immer Zeit mitbringen. Zugang zum Kosmos der drei Berliner erhält nur, wer über genug Geduld und Aufmerksamkeit verfügt, um sich im Dechiffrieren der gebotenen Kryptik zu üben. Das war bei "Havarien" so, das ist auch auf dem vierten Delbo-Album "Grande Finesse" ganz ähnlich, wenn auch etwas anders. Die tonnenschwere Tristesse nämlich, die sich noch wie ein undurchdringbarer Grauschleier über den Vorgänger legte, ist einem Anflug von Leichtigkeit gewichen. Nicht, dass Delbo auf einmal leicht verständlich wären, aber: Sie erweitern ihr Spektrum auf "Grande Finesse" um dezente Farbtupfer. Das zeichnet sich schon rein äußerlich ab: Vorbei sind die Zeiten grau in grau gehaltener, unvollendeter Bleistiftskizzen, "Grande Finesse" begegnet uns als farbenprächtige Bauklotz-Collage.

Die Reduktion aufs Wesentliche, jener karge Minimalismus, gehört nunmehr auch innerlich der Vergangenheit an. Auf "Grande Finesse" regiert eine breitere, vielfältige Instrumentierung. Da hört man plötzlich ein Piano, ein Akkordeon, eine Querflöte, Streicher und sogar ein waschechtes Waldhorn. Die freilich nur als Ornamente für das in einer komplexen Rhythmik rotierende mechanische Triebwerk dienen, mit dem Delbo stetig vorwärts treiben, aber niemals ausbrechen. Tobias Sieberts Gitarre kreist umher, überlässt die Führung aber oft dem unheimlich präsenten, schweren E-Bass von Daniel Spindler. Man denkt noch immer an die vertrackte DC-Schule, insbesondere an Karate. Das ist Pop mit den Mitteln des Postrocks, noch immer weit von Unmittelbarkeit entfernt. Hinzu kommt eine Sprache, die zunächst wenig Anhaltspunkte bietet, einen fast hilflos alleine lässt mit ihrer kunstvollen Gedankenschwere. Eine Lyrik, in der es vor rätselhaften Abstraktionen und Assoziationen nur so wimmelt, hinter denen man eine bizarr verklausulierte, aber doch poetische Form von Romantik vermutet.

Und mittendrin in all der spröden Verkopftheit: Heimliche Hits und klare Pop-Momente. Das auf wundersame Weise gleichsam verspielte wie eingängige "Apricot" etwa. Oder "Belvedere", mit seinem prägnant tapsenden Bass und den in Schönheit sterbenden Streichern. Der unerhörte Tiefgang und die erstaunliche Halbwertszeit von "Havarien" bleiben auf "Grande Finesse" zwar unerreicht, doch ihren Status als eine der einzigartigsten, aber auch unterschätztesten Bands des Landes untermauern Delbo mit (neugewonnener) Leichtigkeit. Langsam ist es an der Zeit, dass diese Band auch über die üblichen Fanzine-Organe hinaus die gebührende Wertschätzung erfährt.

Wertung:


Beitrag von: Ulrich an 10. 02 2008, 23:19

"Langsam ist es an der Zeit, dass diese Band auch über die üblichen Fanzine-Organe hinaus die gebührende Wertschätzung erfährt."

ich glaube ehrlich gesagt, dass das nie passieren wird. traurig aber wahr. das album ist natürlich wie jedes delbo-album gut. aber es ist halt keine band die sich einem aufdrängt.

Beitrag von: Patrick an 10. 02 2008, 23:39

Das stimmt, aber näher am Pop waren Delbo noch nie, und Songs wie eben "Apricot" oder "Belvedere" könnten ja durchaus auch mal Leute erreichen, die sich bisher noch nie mit Delbo beschäftigt haben.
Copyright 2000-2005 purerock.de
Powered by Ikonboard 3.1.2a
Ikonboard © 2001 Jarvis Entertainment Group, Inc.