Druckfertige Themaversion

-purerock.de forum
+--Forum: reviews
+---Thema: Tender Souvenirs - Scars & Souvenirs Eröffnet von Patrick


Beitrag von: Patrick an 12. 03 2008, 13:22

TENDER SOUVENIRS - SCARS & SOUVENIRS

Stil: Shoegazer / Postrock / Psychedelic
Label: < Airwaves Music > / < Radar >
Spieldauer: 7 Tracks, 58.21 min.
Release: 22. Februar 2008
MP3: < >> Canteen Heart >
Video: < >> The Amateur > // < >> Emergency Broadcast System > // < >> Ceremonial Protocol >

< Offizielle Bandhomepage >
< Tender Souvenirs bei Myspace >

Auf ihrem Debüt stürmen die Schweden von Tender Souvenirs in Zeitlupe von einem Gipfel zum nächsten. Dass sie dabei hin und wieder den Geduldsfaden überstrapazieren, sei ihnen verziehen – zu schön sind die Crescendi, die sie dabei immer wieder entdecken. Musik zum Träumen.

Tender Souvenirs entführen uns auf ihrem Debüt in eine traumhafte Parallelwelt, in der die Uhren anders ticken – langsam, viel langsamer. Das Quintett aus Stockholm nimmt sich auf "Scars & Souvenirs" alle Zeit der Welt und so erlebt man eine Stunde in permanenter Slow-Motion, bei der die Minutenanzahl der sieben Stücke gerne in den zweistelligen Bereich rutscht. Die helle, extrem verfremdete Stimme von Martin Sassner hallt sphärisch und körperlos durch den Raum und beschwört gleichsam die Sehnsucht nach der Ferne und der Vergangenheit, dazu dringt seine Trompete durch den Dickicht und setzt markante Akzente. Tender Souvenirs errichten eine dichte Wall Of Sound aus schwirrendem Feedback, in die sich kleine elektronische Spielereien und Synthies als Ziegelsteine organisch einfügen. Zusammen überlagern sich die einzelnen Schichten zu einem schwelenden, trüb-undurchsichtigen Soundbrei zwischen Ambient und Noise, den die Band um die Strukturlosigkeit des Postrock und träumerische Shoegazer-Melodien bereichert.

Wie in Wolken aus Watte gebettet, reitet man so über psychedelisch wabernde Wellen und wird von repetitiven Schleifen regelrecht eingelullt. Schließt man die Augen, tun sich Traumlandschaften und gleichsam erschreckende wie faszinierende Bilder wie der Atompilz auf dem Cover vor dem geistigen Auge auf. Langsam und bedächtig steigern sich die Songs und kulminieren regelmäßig in recht vorhersehbaren, aber dennoch ungemein einnehmenden Crescendi. Zuweilen entwickelt die Band so einen gewaltigen Sog – man lausche nur dem fantastischen Schluss von "Emergency Broadcast System". Auch zum Finale von "Canteen Heart" braut sich schließlich ein richtiger Sturm zusammen. Es ist ein seltsam harmonischer, bezaubernd sanfter Lärm, den Tender Souvenirs in diesen Momenten erschaffen. Eine weltfremde Form von Schönheit, die regelrecht euphorisierend wirken kann.

Vergleiche zu ziehen, fällt schwer. Alben von Shoegazer-Heroen wie Slowdive oder My Bloody Valentine scheint die Band mit der Muttermilch aufgesogen zu haben, auch Sigur Rós waren gewiss ein Quell der Inspiration. Dann wiederum geht das Quintett episch in die Breite wie Oceansize zu Zeiten ihres "Effloresce"-Monolithen ("Desoto") oder gemahnt an eine kauzige, abenteuerliche Variante von Amusement Parks On Fire.

Vor allem aber klingen Tender Souvenirs nach sich selbst. Eine reife Leistung, die nur dadurch geschmälert wird, das die Schweden sich manchmal einfach zu viel Zeit nehmen und so manchen Spannungsbogen doch arg überspannen, so schön das Resultat am Ende auch sein mag. Ungeduldigen Zeitgenossen wird sich der Kosmos von „Scars & Souvenirs“ ohnehin nicht öffnen, doch auch wenn man sich darauf einlässt, ertappt man sich hin und wieder dabei, wie die Gedanken abschweifen. Dieser Umstand verhindert, dass die Band sich bereits mit ihrem Debüt in der Genre-Spitze festsetzt. Gerade für ein solches ist "Scars & Souvenirs" aber eine starke erste Visitenkarte. Die umso mehr beeindruckt, wenn man sich klarmacht, dass die Band ihre Songs in nur zwei Sessions und ausschließlich in One-Takes aufgenommen und ganz ohne Overdubs belassen hat. Respekt!

Wertung:


Copyright 2000-2005 purerock.de
Powered by Ikonboard 3.1.2a
Ikonboard © 2001 Jarvis Entertainment Group, Inc.