Es ist schon kurios: Da wird erst vor ein paar Monaten mit Viper Ethics das ursprünglich schon 2003er erschienene Debütalbum des Disco Ensemble als Re-Release in deutsche Läden gebracht und schon jetzt steht der Nachfolger First Aid Kit auf der Matte. Zeitnah, versteht sich. Verdient haben sich die Finnen die europaweite Veröffentlichung ihrer neuen Platte allemal, in der Heimat zählt das junge Quartett schon zu den führenden Rockbands der nationalen Szene. Warum? Weil sie ihrer Mischung aus der Dynamik von At The Drive-In, dem Punch von Refused und der Melodieverliebtheit einer Pop-Band immer noch genug eigenständige Merkmale verleihen können, um nicht als bloßes Plagiat abgestempelt zu werden. Allen voran das perfekt eingesetzte Keyboard, das Sänger Mikaa nebenbei noch bedient, verleiht dem Disco Ensemble-Sound eine spezielle, außergewöhnliche Note, ohne jemals cheesy zu wirken. Während die Vorgängerplatte zwar schon für erstes Aufsehen sorgte, allerdings noch unter einer gewissen Unentschlossenheit in Stilfragen und ewas unausgegorenem Songwriting krankte, ist der Patient im Jahre 2005 vollständig von diesen Kinderkrankheiten befreit. Im Vergleich zum Vorgänger fällt der Punk- und Hardcore-Anteil auf First Aid Kit geringer aus, das neue Werk ist mehr eine Rock-Platte im herkömmlichen Sinn. Daran Schuld ist jedoch nicht nur die deutlich verbesserte, dicke Produktion, sondern vielmehr die Tatsache, dass das Disco Ensemble nun ein passende Korsett für seine große Melodien gefunden hat. Meist handelt es sich dabei um ein treibendes Rock-Outfit, wenn es nötig ist, zaubern die Finnen aber auch mal eine Breitwand-Halbballade wie den Titeltrack aus dem Hütchen. This Is My Head Exploding heißt es beim Opener - und dem Hörer wird bei diesem Bastard aus harten Gitarren, rauhem Geschrei, abgefahrenen Keys und - nicht zuletzt - einer großen Melodie in der Tat die Birne ganz weich vor Entzücken. Auf den furiosen Einstieg folgt mit der dramatischen Hymne We Might Fall Apart der vielleicht beste Song der Platte, weitere Highlights sind schwer herauszupicken, denn die gesamte erste Hälfte der Platte besteht aus absolut formidablen und unerhört eingängigen, wenn auch nach recht ähnlichen Schemata aufgebauten potentiellen Tanzflächen-Knüllern. Ob sie nun Black Euro, Drop Dead, Casanova oder Fresh New Blood heißen - die Lieblingslieder der Platte wechseln fast täglich. Der schön raue Gesang verhindert dabei aber immer, dass die Songs allzusehr in Richtung Gefälligkeit abdriften. Auf die beeindruckende Hitdichte der ersten sieben Songs geht dem Disco Ensemble allerdings gerade gegen Ende der Platte etwas die Puste aus: See If I Care, So Long, Sisters und You Are The Dawn verblassen etwas gegenüber dem Restmaterial, denn anders als in den anderen Tracks werden die recht konventionellen Songkonstrukten hier nicht mit der für alles entschädigenden Ohrwurm-Melodie veredelt. Für diese kleinen Ausfälle versöhnt dann aber der glänzende Abschluss mit der reifen Ballade Sleep On The Wheel, bei der noch einmal die frühere Form erreicht wird.
Fazit: Ein Quantensprung für das Disco Ensemble, eine ganz feine Platte für uns: Eingängigkeit, Dynamik und Tanzbarkeit sind die Trademarks, die das spürbar gereifte Disco Ensemble anno 2005 auszeichen. Superbe Scheibe also, auch wenn man gegen Ende der Platte mit etwas Füllmaterial leben muss.
Wertung:
-------------- this is a film that has no end fiction fights feelings absent as absurd as it sounds there´s more truth than you pretend
ich war vor ein paar wochene mit einem freund von mir auf clubtour und er trug ein disco ensemble t-shirt mit dem motiv auf dem cover. jemand hielt ihn doch dort tatsächlich für einen nazi.
ah ja, zum album bleibt zu sagen: wahrlich eine super lp, die man haben sollte!